Welches Kommunikationstraining ist richtig für mich?

Welches Kommunikationstraining ist richtig?

Worauf muss ich achten, bevor ich ein Kommunikationstraining absolviere?

Die Nerven liegen blank und die Köpfe sind heiß geredet, die Uhr zeigt weit nach Mitternacht. Da sitze ich im schummrigen Kerzenlicht mit meinem Bruder und wir diskutieren unerschöpflich über politische Themen. Voller Wut und Verzweiflung lege ich mich erschöpft gegen drei Uhr ins Bett und ärgere mich über diesen anstrengenden Abend. Wie blöd ich selber mal wieder war und von meiner eigenen Meinung keinen Abstand bekommen habe. Wir Brüder sind uns nicht nähergekommen, sondern haben uns in einem Mechanismus verloren. Einen Mechanismus aus Leidenschaft, ehrlichem Interesse und einer großen Portion egoistischem Handeln. Einen Mechanismus, der uns ein Stück vor persönlicher Verletzlichkeit schützt und uns eine sichere Distanz in der Kommunikation beschert.

Wie kommen wir diesen Kommunikations-Mechanismen auf die Spur?

Bevor wir Kommunikationstraining besuchen, ist es immer sinnvoll unsere persönlichen Kommunikationsstrukturen zu beleuchten und zu hinterfragen. Das ist gar nicht so einfach, denn in der Eigenwahrnehmung haben wir viele blinde Flecken. Einen guten Einblick bekommen wir, wenn wir uns familiäre Konflikte anschauen und diese mit anderen Konflikten, aus unserem beruflichen Umfeld beispielsweise, vergleichen. Wo ergeben sich Parallelen? Sind meine Gefühle gleich? Fühle ich mich gekränkt oder regelrecht missverstanden? Wo befinde ich mich in Wiederholungen? Anhand dieser Fragen grenze ich ein, in welche Kommunikationsfalle ich regelrecht tappe. Wo bin ich dickköpfig, vielleicht zu leidenschaftlich und einseitig bei einem Thema, und lasse die andere Sichtweise gar nicht zu? Denke ich mich in den anderen hinein? Werfe ich einen Blick auf die Meta-Ebene? Lass ich auch mal locker? Oft liegt es an unserer Persönlichkeit, dass wir immer in die gleichen Gesprächsmuster verfallen. Manchmal gibt ein Kommunikationscoaching Aufschluss über unsere Kommunikationsmuster. Im Gespräch mit dem Coach beleuchten wir die blinden Flecken in unserer Wahrnehmung. Mit diesem Wissen schützen wir uns zukünftig vor blockierenden Gesprächssituationen und können sich anbahnende Konflikte frühzeitig erkennen und abmildern. Das wäre der Idealfall. Ehrlich gesagt, braucht es dazu Übung. Trainieren Sie im Alltag und probieren Sie sich aus.

Welche Kommunikationsstrategie liegt mir? Wo benötige ich Unterstützung?

Kennen wir uns gut, und wissen wir bei welchem Thema es für uns brenzlig wird, dann können wir uns durch ein Kommunikationstraining Handwerkszeug und Strategien für ein Gespräch aneignen. Hier geht es nicht vornehmlich darum seinen Gesprächspartner zu manipulieren. Es geht darum im Gespräch sensibler mit sich selbst zu werden. Zu bemerken, wann bei einem selbst Unverständnis keimt, gedanklicher Nebel entsteht. Wann wir selber gedanklich abschweifen und unserem Gesprächspartner nicht mehr aktiv zuhören oder schlimmstenfalls überfahren. Der Gesprächsfaden reißt. Dann kann es helfen, Fragen zum eigenen Verständnis zu stellen. Den Kontakt wiederherzustellen und zu intensivieren. Auch Gesprächspausen zulassen können. Sie sehen, bis hierhin ist gar kein Fremdwissen notwendig. Diese Möglichkeiten kennen wir bereits. Wir sollten diese nur trainieren und ausprobieren.

Im Kommunikationstraining lernen wir mehr auf unseren Gesprächspartner einzugehen.

In den meisten Trainings dreht es sich um unsere Gesprächspartner, um Kollegen oder Kunden. Schnell wollen wir zum Ziel kommen, insbesondere in der telefonischen Betreuung oder kurzen Abstimmungsmeetings. Unsere Gesprächspartner befinden sich meistens schon in fertigen Schubladen und müssen nur noch abgearbeitet werden. Routine halt. Routinen, die uns Fehler machen lassen, in denen wir nachlässig werden. Nicht hinter die Worte unseres Gesprächspartners schauen. Uns nicht mit unserem Gefühl und Auftreten auseinandersetzen. An der knappen Zeit liegt es nicht, denn es wird viel Small Talk gehalten. Es liegt eher daran, dass wir es verlernt haben, uns auf unsere Kommunikation zu konzentrieren, zu achten. Oder auch durch unsere Erfahrungen von früheren Konflikten, vermeintlichen Situationen aus dem Weg gehen wollen. Damit produzieren wir neue Konflikte, die meistens den vorherigen ähneln. Daher oft unser Ausspruch: „Schon wieder ist mir das passiert.“ Wenn wir unseren Gesprächspartner nicht vollständig zuhören und verstehen, dann entstehen später Missverständnisse oder sogar Fehler, die noch mehr Zeit, Nerven sogar Geld kosten können. Deshalb gibt es so viele Regalmeter Bücher zum Thema aktives Zuhören. Das kann doch keiner mehr hören – geschweige lesen!

Zuhören lernen ist ein Prozess bei unserem Gesprächspartner

Die Literatur liegt nicht falsch. Klar, jemanden zuhören hilft. Doch meistens befinden wir uns bei unseren Kollegen und Kunden bereits in Schubladen, aus denen wir erstmal wieder herausmüssen. Daran scheitert unser erster Versuch, aktiv zuzuhören und wirklich unseren Gesprächspartner verstehen zu wollen. Übrigens, auch wenn die Gesprächspartner zum ersten Mal aufeinandertreffen. Beispielsweise befindet sich der Verkäufer bereits in einer Rolle. Er wird meist vom Kunden argwöhnisch beäugt. Das Grundvertrauen fehlt. Meist aus früheren Erfahrungen. Lösen können wir das durch Nachfragen. Beispielweise: „Erklären Sie mal genauer. // Der Punkt interessiert mich, wie kommen Sie darauf? // Warum sind Sie der Meinung? // Was haben Sie für Erfahrungen gemacht?“ Je nachdem wie stark das Vertrauen in Gesprächen wiedererlangt ist, kann es zu wirklich guten gemeinsamen Ergebnissen kommen. Natürlich besteht auch die Gefahr, dass unausgesprochene Konflikte wieder aufkeimen und in weiteren Gesprächen ehrlich befriedet werden sollen. Da sollte dann nochmal eine Gesprächsrunde gedreht werden.

Sie sehen, ehrliche Kommunikation ist in erster Linie Arbeit an sich selbst.

Nicht immer nur angenehme Arbeit. Klar, denkt man sich: „Warum soll ich den ersten Schritt machen?“ Die Antwort ist immer gleich: Derjenige, der hartnäckig an einer Lösung bestrebt ist, entwickelt sich weiter und wird von Kollegen und Kunden nachhaltig geschätzt. Auch, wenn es zwischenzeitlich etwas steiniger und beschwerlicher wird. Nebenwirkungen sind erfahrungsgemäß positive berufliche Veränderungen, bessere Verkäufe und ein vertrauteres Verhältnis zueinander. Ob Sie dann noch das Training benötigen, was Sie sich anfänglich gewünscht haben, bleibt offen. Bevor Sie sich also zu einem der unzähligen Kommunikationstrainings anmelden, schauen Sie vorerst in Ihren Alltag und entscheiden erneut.

Wenn ich mich mit meinem Bruder treffe, weiß ich, dass wir uns politisch nicht näherkommen, dazu sind unsere Lebensphilosophien zu unterschiedlich. Es lässt sich nicht immer vermeiden, diese Diskussionen zu umschiffen, aber ich höre mehr zu und versuche zu verstehen. Und ehrlich gesagt, auch mal mit persönlichen Fragen vom Thema etwas wegzulenken – ganz sanft und ein wenig manipulativ. Es hilft der zwischenmenschlichen Beziehung. Denn über Politik und das Wetter lässt sich vornehmlich streiten. Und da sind wir schon wieder bei einem ganz anderen Thema.

Ihre persönliche Checkliste:

  • Wiederkehrende belastende Gesprächssituationen (beruflich & privat) erinnern und wenn möglich schriftlich skizzieren. Gemeinsamkeiten finden.
  • Ehrlich zu sich selber sein, an welcher Stelle man selber nicht nachgibt oder reflektiert.
  • Einen langen Spaziergang mit einer nahestehenden Person unternehmen und nach den eigenen kommunikativen Schwächen fragen.
  • Sich selber in Gesprächen beobachten. Wann schweife ich ab oder relativiere ich stark? Wann ziehe ich mich aus der Verantwortung oder schalte ganz ab?
  • Im nächsten Schritt versuchen Sie diese Situationen vorauszuahnen und einzulenken. Also nachfragen und ernsthaft zuhören.
  • Dann dranbleiben! Kommunikation braucht Übung. Das Umfeld wird merken, dass Sie sich verändern und Sie erhalten mehr Vertrauen von Ihren Gesprächspartnern.
  • Alte Konflikte identifizieren und möglichst in Gesprächen auflösen. Auch im Team. Sich Fragen von Kollegen oder Kunden stellen.
  • Wieder einen langen Spaziergang mit sich selbst oder Freunden einplanen.
  • In familiären Gesprächen mehr Lockerheit entwickeln. Sich mit Abstand die Kommunikationsstrukturen anschauen. Vielleicht einen Coach zur Hilfe nehmen.
  • Weiter üben und schauen, was für neue Gespräche und Freundschaften entstehen.

 

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