Corona und Homeoffice – alles neu oder was jetzt?

Ohne Frage, Corona hat uns überrascht und anfänglich ist es wie immer mit neuen Situationen, wir stellen uns drauf ein. Doch ständig musste ich mich neu einstellen und nachjustieren. Ich lebe seit jeher die Veränderung und befasse mich intensiv mit meinem Innenleben während der Veränderungsprozesse. Doch die Pandemie ist schon eine besondere Lage.

Die Kommunikation untereinander ist stark im Wandel

Plötzlich ist die Partnerin oder der Partner zu Hause, wie bei Loriot „Pappa ante portas“ – die Gewohnheiten und die Privatsphäre eines jeden Einzelne wurden auf den Kopf gestellt. Jeder stellt sich kreativ den Geschehnissen, richtet den Arbeitsplatz, wenn möglich, zu Hause ein. Beschränkt die persönlichen Kontakte mit Freunden und die Kontakte in der Familie, werden intensiver, mal ganz objektiv ausgesprochen. Die Komfortzone eines Jeden wurde kleiner.

Der Flurfunk abgeschaltet – der informelle Kanal gestört

Es dauerte nicht lange, da riefen mich die ersten Kunden an und fragte mich, was man tun könne, um mit den Kollegen wieder in den Kontakt zu kommen. Gar nicht so einfach, denn viele waren wirklich gestresst, sei es aufgrund der aktuellen Situation, Überforderung mit der Technik und natürlich hatte keiner Bock drauf länger als nötig vor dem Bildschirm zu sitzen. Es ist ja schon stressig genug, die privaten Kontakte aufrecht zu halten, dann gehen die Kollegen erstmal über Bord.

Ein Unternehmen lebt vom Austausch der Kollegen untereinander

Nach kurzer Zeit gab es schon die ersten virtuellen Formate. Talks beim Gläschen Wein, Fragerunden, Gin-Tastings und gemeinsame Kochabende mit Anhang. Online-Weihnachtsfeier, Online-Betriebsversammlung, virtueller Kick-off, alles eher hemdsärmelig aus dem Boden gestampft. Doch je mehr die Kollegen aktiv im Entstehungsprozess beteiligt wurden, je cooler wurden die Ideen. Ja, es traf genau ein, woran ich immer fest glaubte. Menschen ergriffen die Initiative und probierten aus. So soll es doch immer sein, unser Berufsleben. Neue Ideen entwickeln, ausprobieren, verbessern oder wieder verwerfen.

Alles unter freien Himmel

In den Sommermonaten fand alles draußen statt. Es wurde gegrillt, mit Abstand an mehreren Lagerfeuern diskutiert und Workshops in Turnhallen oder Sportplätzen veranstaltet. Sehr konstruktiv, da die Veranstaltungen nicht im gewohnten Umfeld stattfanden und immer wieder sehr provisorisch und kurzfristig anberaumt wurden. Langfristig planen, war nicht drin. Auch das zeigte messbare und gute Effekte. Die Teilnehmer waren gelöster, besser gestimmt und offener für neue Impulse.

Die Zweifel bei den Führungskräften nehmen zu

Unterdessen machten sich Zweifel bei vielen Führungskräften breit. Geht das alle so ohne Kontrolle, man kann das doch nicht alles so laufen lassen, was ist mit den guten alten Zeiten? In der Tat, waren viele Führungskräfte kurzfristig arbeitslos, denn die Teams tauschten sich schnell und effizient untereinander aus. Hierarchien wie in Bürogebäuden in Stein gemeißelt, waren virtuell nur schwer aufrechtzuerhalten und verlangsamten die Prozesse nur unnötig lange. Es wurde plötzlich in anderen Arbeitsstrukturen gearbeitet und viele Meetings fielen einfach weg. Es war an der Zeit auch hier neue Formate einzuführen, Stand-up Meetings online, Jour fixes von 15 Minuten, kurze Impulsvorträge, um interessierte Kollegen später in einen Workshop einzuladen. Nur wer Interesse hat und wem es etwas für seine Arbeit bringt, ist dabei, die anderen Kollegen machen etwas Anderes.

Den Menschen fehlt im Homeoffice der persönliche Austausch

Wie oft sprechen wir im Büro über den Tag verteilt mit unseren Kollegen, manchmal reicht nur ein Blick und man hat sich auf den aktuellen Stand gebracht. In der Teeküche, auf dem Flur, in der Raucherecke, am Eingang, auf dem Parkplatz, im Treppenhaus oder Aufzug. All diese Kontaktpunkte fallen im Homeoffice weg und müssen neu geschaffen oder verlagert werden. Ohne Frage eine Herausforderung. Wie funktioniert das? Welche Kommunikationsstrukturen im eigenen Unternehmen wirken? Im Gespräch mit Kollegen fanden wir heraus, wie das informelle System funktionierte und wir brachten es ans Tageslicht. Streng verboten, versteht sich. Denn das informelle System hält sich nicht an Hierarchien und gesetzliche Datenbestimmungen. Doch es gelang in vielen Unternehmen, die Kommunikation in die virtuelle Welt zu verlagern.

Wie gelingt es, den informellen Kanal online aufleben zu lassen?

Meetings werden nicht mehr von 14 bis 15 Uhr angesetzt, sondern von 14.10 bis 14.45 Uhr. Das bringt Zeit zum Austausch und die terminlich sehr eingespannten Kollegen konnten zwischendurch auch mal auf die Toilette. Auch im Homeoffice funktioniert die Einhaltung der Mittagszeit, keine Meetings von 12 bis 14 Uhr. Dafür gemeinsame Treffen am Bildschirm, um gemeinsam Mittag zu essen und sich auszutauschen. Durchgehend gut kommen auch die Einladungen zu einem bestimmten Thema kurz vor Feierabend an. In loser Reihenfolge trifft man sich online zu einem bestimmten Thema, das kann auch mal ganz privater Natur sein. Es sollte nicht immer etwas mit der Firma zu tun haben. Ganz so, wie im Büro vor Ort auch.

Der meldet sich bei mir nicht mehr – gilt nicht!

Eigeninitiative ist nicht jedermanns Sache, insofern kann sich punktuelle Hartnäckigkeit durchaus auszahlen. Der Satz: Der meldet sich nicht mehr bei mir. Der gilt nicht. Also dranbleiben! Kurze Gespräche sind qualitativ auch gut. Viele mögen auch den Austausch in der Art eines Speed-Dates. Kurz vor einem Zoom-Meeting wird man einfach zufällig für fünf Minuten zusammen geschaltet und tauscht sich zu einem vorgegebenen Thema aus. So vermeidet man anfängliche Stille.

Alle wieder zurück ins Büro – wie immer?

Elon Musk liebt das Spiel mit den Medien, klar, dass er per Befehl alle wieder ins Homeoffice beordert und diejenigen rausschmeißt, die nicht 40 Stunden die Woche ins Büro kommen. Wir alle wissen, dass der Zug abgefahren ist. Zum Glück! Denn es ist in den meisten Fällen wirklich besser, wenn jedes Team für sich entscheidet, wie man zukünftig zusammenarbeiten will und kann. Die Unternehmen dürfen jetzt auf keinen Fall die Chance verpassen, die Kollegen entscheiden zu lassen und sich für das Ausprobieren einzusetzen. Ich empfehle dringend, weiter auszuprobieren, was funktioniert und was nicht und auch die Kunden zu interviewen, was die sich wünschen und wie Partnerunternehmen arbeiten. Die Vorteile dieser Flexibilität liegen auf der Hand. Das Unternehmen ist attraktiver für Remote- oder Hybrid-Arbeitskräfte, für Mütter und werdende Väter, auch für Angehörige der Mitarbeiter und es spart langfristig Kosten, denn die Büros können flexibler genutzt werden. Und wenn die nächste Veränderung von außen an die Tür klopft, sind alle viel flexibler im Kopf und stehen füreinander ein.

Nennen wir es nicht mehr Homeoffice

Wir arbeiten miteinander, wie und von wo, das haben wir in der Hand und wird uns nicht mehr aus Gewohnheit vorgegeben. Wie soll man out of the box denken, wenn wir täglich in ihr sitzen? Handwerker arbeiten auch nicht immer am selben Arbeitsplatz und es fallen auch viele Späne. Ich ermutige jeden in Führung zu gehen und immer wieder aufs Neue die Frage zu stellen: Wie wir zusammenarbeiten möchten, um wertschöpfender zu werden? Viel Freude dabei.

Weitere Impulse gibt es in meinem Blogbeitrag zum Thema: Ärger mit dem Chef? Konflikte nutzen.

Inspiriert wurde dieser Beitrag von:

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Bildnachweis: Danke an Fotografin Heidi Abt, München